[Metalab] Ökostrom AG Kunde?

Christoph Schindler hop at 30hopsmax.at
Thu Jun 18 18:15:42 CEST 2020


On Mon, Jun 15, 2020 at 04:59:02PM +0200, BDuN at gmx.net wrote:
>    [...]  aufgrund
>    des Umsatzeinbruches beim Stromverbrauch dieses Jahr die Ökostromförderung
>    nächstes Jahr dramatisch sinken und daher der Preis für den Endkunden
>    steigen wird

Wenn ich Dich richtig versteh, unterliegst Du der grundfalschen Annahme,
daß die Endkunden durch die Ökostromförderung gefördert werden. Richtig
ist aber, daß die Ökostromerzeuger gefördert werden - durch die Endkunden
(vereinfacht ausgedrückt).

>   - zumal, so sagt mir die Erinnerung - ja auch für die
>    Industrie !! der Preis gesenkt wurde und so der Endverbraucher

"Die Industrie" ist (im Allgemeinen) genauso Endverbraucher wie jeder
Privathaushalt.

Hier ist der grobe Zusammenhang der verschiedenen Geldflüsse:

Es gibt einen Marktpreis für Strom zwischen Stromerzeugern und
Stromhändlern. (Wie sich in einem "freien Markt" Marktpreise
ergeben, sei dahingestellt.)

Dieser Marktpreis liegt (teilweise weit) unter den Kosten für die
Erzeugung von Ökostrom.

Um die Erzeugung von Ökostrom trotzdem attraktiv zu machen, wird der
freie Markt durch die Regierung ausgehebelt, indem für Ökostrom-
produzenten durch Förderungen ein geschützter Bereich geschaffen wird -
der Marktpreis wird per Verordnung durch Einspeisestarife ersetzt.

Die Stromhändler zahlen für den Ökostrom nur den aktuellen Marktpreis.

Die Differenz wird (wieder per Verordnung und vereinfacht) durch
Erhebung von Ökostromförderprämie und -pauschale beim Endkunden
wettgemacht.

Für die Stromhändler ist die Ökostromförderung irrelevant, für die
Netzbetreiber ist sie ein Durchlaufposten und für den Endverbraucher
wird sie explizit auf der Rechnung ausgewiesen.

>    (wie bei der Fernwärme) zum Handkuß und zum Beutelschnitt kommt.. 

Was Fernwärme mit Ökostrom zu tun hat, weiß ich in dem Zusammenhang
nicht, aber es macht sich gut in der Polemik…

Zum Artikel:

| Höhere Strompreise ab 2021 wegen Corona-Krise
| Redaktion futurezone.at vor 4 Tagen

Schon der Titel vermischt Preis und Förderung…

| Weil der Strompreis für die Industrie gesunken ist

"[D]ie Industrie" ist hier nicht die nebulöse böse Kapitalismusmaschine,
sondern die Stromindustrie, insbesondere Stromhändler.

Umsatzeinbruch heißt weniger Nachfrage und weniger Nachfrage heißt im
allgemeinen niedrigerer Preis beim Einkauf für die Stromhändler.

Der Preis beim Endkunden (wirtschaftliche, wie private Abnehmer) richtet
sich im wesentlichen nach dem Preis beim Einkauf (andernfallst schreist
ja wiederum, daß der Preis nicht weitergegeben wird!1!!elf).

Dein Strompreis steigt nicht, er sinkt.

| Die Strombranche befürchtet wegen der Corona-Krise einen Umsatzausfall
| von mehreren hundert Mio. Euro. Dazu tragen eine niedrigere Nachfrage
| und sinkende Preise bei den Industriekunden bei.

"[S]inkende Preise" sind ziemlich irrelevant in der Diskussion um die
Ökostromförderung, weil sich der Ökostromörderbeitrag prozentuell nach
dem Netznutzungs- und Netzverlustentgelt beim Endkunden richtet, also
dem Stromverbrauch, nicht dem Strompreis.

Die Stromerzeuger müssen auch nicht um eine Reduzierung der Ökostrom-
förderung aufgrund des niedrigeren Stromverbrauchs fürchten. Die Nicht-
Ökostromerzeuger schon gar nicht.

Die Ökostromerzeuger müssen sich um eine Reduzierung der Ökostrom-
förderung fürchten, aufgrund einer möglicherweise sinkendenden
Bereitwilligkeit der Österreicher, Ökostrom zu fördern:

| […] würden heuer 269 Mio. Euro fehlen, die 2021 auf die Rechnungen der
| Stromverbraucher aufgeschlagen werden. Auch wenn das für die
| Stromwirtschaft ein Durchlaufposten ist könnte das die Akzeptanz der
| Ökostromförderung beeinträchtigen […]

Meiner Meinung nach, der einzig halbwegs brauchbare Absatz in dem Artikel.

Weniger Stromverbrauch bedeutet, daß die Einnahmen der Förderung niedriger
als erwartet ausfallen.

Anders ausgedrückt: die Ökostromförderungsbeiträge werden heuer sinken,
aber nicht aufgrund des Strompreises, sondern aufgrund des niedrigeren
Stromverbrauchs.

Die Erzeugungskosten für Ökostrom ändern sich nicht wesentlich durch den
niedrigeren Absatz. Dementsprechend wird an den Einspeisestarifen nicht
viel zu rütteln sein.

Daher wir die oben erwähnte Differenz zwischen Einspeisetarif und
Strompreis größer, während die Einnahmen der Förderung schrumpfen..

| Weil der Strompreis für die Industrie gesunken ist, sollen das die
| Endverbraucher im nächsten Jahr ausgleichen.

Nichtgenügend, setzen.

Abgesehen davon, daß der Preis ein Ergebnis des Verbrauchs ist, nicht
umgekehrt…

Abgesehen davon, daß das zweite nicht aus dem ersten folgt…

… steht schon fest, daß die Endverbraucher das ausgleichen sollen? Und
wenn wir sollen, wiederspricht das dem was wir wollen?

Wollen wir diese Differenz durch höhere Förderbeiträge wettmachen, oder
wollen wir das nicht?

Overflos Meinung zu dem Thema haben wir ja schon - was ist Deine? Und
was hat das alles mit Beutelschneiderei zu tun?

hop

 - https://futurezone.at/b2b/hoehere-strompreise-ab-2021-wegen-corona-krise/400939175
 - https://www.e-control.at/konsumenten/oeko-energie/kosten-und-foerderungen

-- 
aibohphobia, n., an irrational fear of palindromes.
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