[Metalab] Kreuzzüge in der Gegenwart?
"Nina Temporär"
nina-temp at gmx.de
Sun Apr 10 16:23:12 CEST 2011
-------- Original-Nachricht --------
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> GegenStandpunkt & Diskussion
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> Humanitäre Bomben gegen Gaddafi
> Wer in Libyen herrscht, bestimmt die NATO!
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> Referent: Dr. H. L. Fertl, München
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> Zeit: Dienstag, 12. April 2011 um 19:15
> Ort: Universität Wien, NIG, HS 3, Universitätsstr. 7, 1010 Wien
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> Gar nicht so lange ist es her, dass in hiesigen Breiten, man hatte gerade einen verloren gegangenen Waffengang hinter sich, quer durch die politischen Lager Bekenntnisse abgelegt wurden, Krieg dürfe nie wieder als Mittel der Politik eingesetzt werden. Selbst die Aufrüstung wurde dem Volk noch mit der Ideologie von der "Abschreckung" des Feindes nahegebracht. Seit der freiwilligen Kapitulation des Sowjetblocks hat der Krieg zur Durchsetzung des Weltordnungsanspruch der NATO unter Führung der USA nicht bloß eine Rehabilitation als bisweilen "unumgänglich" erfahren. Mehr noch: Seitdem die Flugzeuge des westlichen Bündnisses Serbien zwecks Wahrung der kosovarischen Menschenrechte zerbombten, ist der staatliche Wille zum massenhaften Töten, zur - ausgerechnet - humanitären Pflicht erklärt worden. Wer nicht zur militärischen Gewalt der NATO-Staaten Ja sagt, soll moralisch verwerflich handeln, weil er damit die unerlaubte Gewalt derer erlaubt, gegen die sich der Kriegseinsatz
> richtet.
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> Im Falle Libyens hat diese Sichtweise nachgerade zu einer Kriegsbegeisterung geführt, bei der sich Fernsehnachrichtenmoderator_innen in geifernde Hetzer_innen verwandeln, die gar nicht genug Bomben und Raketen auf die Regierungstruppen zwischen Tripolis und Bengasi einschlagen sehen können. Die nahezu hermetische propagandistische Front gegen den "irren Diktator" und seine fehlgeleiteten Anhänger, verlangt freilich eine sehr parteiliche Behandlung der "humanitären Frage": Ein Reporter der Süddeutschen Zeitung vom 31. März schaut sich mit einem jugendlichen Freischärler dessen Handy-Videos von der Front an: Sie zeigen tote Gaddafi- Soldaten; zerrissen und grauenhaft verstümmelt von den westlichen Luftangriffen. Das, wohlgemerkt, geht voll in Ordnung, ist eine Erfolgsmeldung des NATO-Kriegs, dessen militärischer Auftrag längst unverhohlen darin besteht, den Aufständischen gegen die Regierung die Luftwaffe zu stellen. Sämtliche Berichte offizieller libyscher Medien über die
> Schäden, die die westlichen Flieger unter der Zivilbevölkerung anrichten, werden mit einem "angeblich" versehen, während der "Diktator" ganz klar "Krieg gegen das Volk" führt, wenn seine bewaffneten Kräfte den Aufstand eines Teils davon niederzuhalten versuchen.
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> Die Verlogenheit des neu erwachten Mitgefühls für unterdrückte Libyer ist nicht zu übersehen; genauso wenig wie der Auftragscharakter der humanistischen Grußbotschaften. Die vom aufständischen Teil der libyschen Massen für unaushaltbar erklärten Zustände sind nämlich keineswegs neu. Und bis neulich haben sie nicht zu regimegefährdenden Unruhen geführt. Ungerührt meldet die demokratische Journaille, dass alle Führungspersönlichkeiten des libyschen "Freiheitskampfes", die jetzt als potentielle Gaddafi-Nachfolger gehandelt werden, bis gestern noch Funktionäre des Regimes gewesen sind. Und so mag offensichtlich auch kein westlicher Journalist bei seinen engagierten Stimmungsberichten von der Front in Bengasi nachfragen, was die Leute eigentlich wollen; kritisch nachprüfen, ob sie sich ihre Lage richtig erklären und ob der Führungswechsel, von dem sie sich angeblich alles versprechen, ihre Lage irgendwie verbessert: "Demokratie gegen Diktatur" - das ist, egal wie sehr
> das die Losung der Aufrührer ist und wie sie von ihnen gemeint sein mag, die einhellige westliche Lesart der dortigen Auseinandersetzungen und eine eindeutige und verbindliche westliche Vorgabe für die Aufständischen.
>
> Dass man hier bei uns, also in den anerkannt zivilisierten Staaten des Westens, anders als beim täglichen tausendfachen Verhungern in Afrika, auf keinen Fall bloß zusehen darf, wenn in Libyen Bürgerkrieg herrscht, darüber sind sich die Demokraten jeglicher Couleur einig. Wie viel auswärtige Gewalt da angebracht und nützlich ist und wer sie kommandiert, damit sich eine passende Nachfolgeherrschaft durchsetzen kann, darüber streiten sich die westlichen Aufsichtsberechtigten dann wieder. Und ein etwaiges "Zerwürfnis in der NATO!" oder ein angebliches "Abseits-Stehen" der deutschen Regierung erscheint dem politischen Sachverstand sehr viel spannender als die in Tripolis und andernorts anfallenden Opfer des humanitären Bombardements. Wer bei unseren "Luftschlägen zum Schutze der Zivilbevölkerung" zu Schaden kommt, ist ganz offensichtlich perfiderweise vom "Regime" als "menschliches Schutzschild" dort positioniert worden, wo unsere Raketen hin wollten und belegt umso mehr die
> Notwendigkeit der Fortsetzung unserer humanitären Aktion.
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> Gegen die Vereinnahmung rebellierender Araber durch die westliche Öffentlichkeit und Politik; gegen die dumme Interpretation der Aufstände als Ausdruck einer lobenswerten "go west!"-Gesinnung unter libyschen Berbern oder Ölarbeitern, bleibt also einiges aufzuklären über die Herrschaft in diesem Land; über Gründe und Charakter des Aufbegehrens gegen sie; aber eben auch über die Ansprüche und Eingriffe auswärtiger Mächte, die sich zur Aufsicht über deren Aufbegehren gegen ihre Herrschaften befugt sehen und dem Volk aus Stämmen und Clans die ihm zukommende Lesart von "Demokratie" und "geordneten Verhältnissen" herbei bomben.
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