OeAeK-Präsident Dorner unterzeichnet Verfassungsklage gegen Vorratsdatenspeicherung

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Wed May 9 13:49:57 CEST 2012


ÖÄK-Präsident Dorner unterzeichnet Verfassungsklage gegen
Vorratsdatenspeicherung

Datenschutzexperte sieht keinen Nutzen in Vorratsdatenspeicherung – Auch
ELGA aus datenschutzrechtlicher Sicht bedenklich

Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Walter Dorner, hat
heute, Mittwoch, im Rahmen eines Fototermins die Verfassungsklage gegen die
Vorratsdatenspeicherung unterzeichnet. „Die Vorratsdatenspeicherung
gefährdet das sensible Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient sowie
das ärztliche Berufsgeheimnis“, begründete Dorner seinen Schritt.
Kommunikationsdaten zwischen Arzt und Patient, die auf elektronischer Basis
erfasst würden, könnten einerseits zur Erstellung von Weg-Zeit-Profilen
führen und andererseits Rückschlüsse auf Arztbesuche bzw. den
Gesundheitszustand zulassen.
Gerade Gesundheitsdaten seien extrem sensibel und müssten daher besonders
geschützt werden, ein schlampiges Vorgehen der Politik könnte ernsthafte
Folgen nach sich ziehen. So würden vor allem psychisch Kranke oder
Suchtpatienten vor eine unüberwindbare Hürde im System gestellt, wenn
beispielsweise jeder Anruf beim Arzt gespeichert werde. Dorner: „Patienten
sind in erster Linie Hilfsbedürftige. Sie dürfen nicht wie Kriminelle
behandelt werden.“
„Der Nutzen der Vorratsdatenspeicherung konnte bisher nicht belegt werden.
Sie taugt nicht einmal dazu, nachzuweisen, wer wann eine Straftat geplant
hat“, führte der Obmann des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, Andreas
Krisch, aus. Gleichzeitig werde die Zugriffsschwelle sinken, warnte der
zertifizierte EU-Datenschutzgutachter. So seien im Vorjahr in Polen 1,8
Millionen behördliche Zugriffe auf Vorratsdaten erfolgt. Krisch: „Ich
glaube nicht, dass es so viel Kriminalität in Polen gibt.“ Der Datenschutz
und der Schutz der Grundrechte müsse auf jeden Fall gewahrt bleiben, sonst
sei es über kurz oder lang mit der Privatsphäre vorbei.
Ähnliches gelte auch für den elektronischen Gesundheitsakt (ELGA). Hier
werde versucht, eine unüberschaubare Datenmenge in den Griff zu bekommen,
ohne dass für die Patienten ersichtlich sei, was überhaupt passiere und
ohne dass die Patienten die Kontrolle über ihre Daten hätten, kritisierte
Krisch. „Datenschutzrechtlich muss auch geklärt werden, wer die
Letztverantwortung trägt und wer Ansprechpartner für die Patienten ist“,
forderte der Datenschützer. Die Datenschutzkommission müsste als
datenschutzrechtliches Kontrollorgan fungieren, habe aber im Moment nicht
die personellen Ressourcen dafür.
Beim im Gesetz vorgesehenen Widerspruchsrecht ortet der Experte massive
administrative und datenschutzrechtliche Probleme: „Die für den Zugang zu
den eigenen Daten erforderliche Bürgerkarte taugt in diesem Zusammenhang
nicht als Instrument, einfach, weil sie kaum verbreitet ist und nur ein
Bruchteil der Österreicherinnen und Österreicher überhaupt eine Bürgerkarte
besitzt.“ Nur eine freiwillige Teilnahme an ELGA könne eine
datenschutzkonforme Lösung bieten.
Schließlich stehe die Frage im Raum, wie Ärzte den Umstand dokumentieren
sollen, dass ein Patient vom Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht hat und
nicht möchte, dass seine Befunde erfasst werden. „Es gibt eine Fülle
offener technischer und datenschutzrechtlicher Fragen, die dringend
beantwortet werden müssen, ehe das Projekt auch nur ansatzweise umgesetzt
werden kann“, so Krisch. Eine EU-Datenschutzprüfung würde ELGA nicht
überstehen, sagte der Experte abschließend.

Kontakt:
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Österreich
Andreas Krisch
web: http://www.akvorrat.at
email: info at akvorrat.at
Telephon: 01 / 4805025 - 11




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