[Metalab] 19.5. - 19.30h / Vortrag J. D. Bolter: Zwischen Web 2.0 und Digitaler Avantgarde / Inst. für Theaterwissenschaft

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Mon May 18 15:07:51 CEST 2009


J. D. Bolter: Zwischen Web 2.0 und Digitaler Avantgarde

Am Dienstag, 19. Mai 2009, 19.30 Uhr, ist Jay David Bolter, Autor 
mehrerer einflussreicher Bücher zur Theorie der Neuen Medien, zu Gast am 
Institut für Theater-, Film und Medienwissenschaft: "Facebook, YouTube, 
ARGs und die Avantgarde als Lebenspraxis" lautet der Titel seines 
Vortrags, der in Zusammenarbeit mit der Initiative "net culture lab" 
angeboten wird. Wer keine Gelegenheit hat, vor Ort an der Diskussion 
teilzunehmen, kann sich über Webstream und Chat zuschalten.

Jay David Bolter ist Professor und Co-Direktor am Wesley Center for New 
Media des Georgia Institute of Technology in Atlanta/Georgia. Er forscht 
und publiziert zur kulturellen und sozialen Bedeutung digitaler Medien. 
Bereits während des Studiums in den 1970er Jahren beschäftigte er sich 
mit der Kultur des Computers: Einem Master of Science in Computer 
Studies folgte ein PhD in Altphilologie. 1984 publizierte er den in 
viele Sprachen übersetzten Titel "Turing's Man: Western Culture in the 
Computer Age" (dt.: Der digitale Faust, 1990), in dem er 
prognostizierte, dass Philosophie und Literatur der nächsten 100 Jahre 
am Computer – unter elektronischer Kontrolle – entstehen würden; dies zu 
einem Zeitpunkt, zu dem die Mehrheit der Bevölkerung in den 
Industrienationen noch nie einen Computer persönlich bedient hatte.

Es folgte "Writing Space" (1991), eine Untersuchung des Computers als 
symbolisches Medium und ein wesentlicher Beitrag zur Hypertexttheorie, 
sowie das mit Richard Grusin verfasste "Remediation. Understanding New 
Media" (1999). Statt die medialen Bedingungen einer vermeintlichen 
Revolution zu studieren, gingen Bolter und Grusin darin den umgekehrten 
Weg: Remediation analysiert, wie Neue Medien wie das World Wide Web und 
Virtual Reality Bezüge zu älteren Medien herstellen, sich bei diesen 
sowohl bedienen als auch mit ihnen konkurrenzieren. Als Leitbegriffe 
dienen die Gegensätze Unvermitteltheit (immediacy) und Hypermedialität 
(hypermediacy) sowie Transparenz (transparency) und Undurchsichtigkeit 
(opacity);

Vortrag zu Transparenz und Hypermedialität

Entlang dieser Kategorien bewegt sich auch das Forschungsinteresse des 
Vortrags am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft. "Unsere 
gegenwärtige Medienkultur ist von zwei Formen der Mediatisierung 
geprägt", so Bolter, "denen zwei grundverschiedene Ordnungen des Sehens, 
der Blickregimes und damit der ideologisch gefärbten Weisen, die Welt 
darzustellen, entsprechen."

Die erste Form, Transparenz, finden wir etwa in 
(Mainstream-)Unterhaltungsfilmen, Fernsehdramen und einer Vielzahl von 
Nachrichtenmedien, d.h. überall wo eine transparente Darstellung der 
mediatisierten "Wirklichkeit" angestrebt wird. Die zweite Form, die 
Hypermedialität, erkennt man in avantgardistischer Kunst, aber auch in 
neuen digitalen Applikationen, etwa klassischen Web 2.0-Anwendungen wie 
Facebook und YouTube oder in Alternate Reality Games (ARGs), welche mit 
und über verschiedene Medien hinweg (z.B. Webseiten, Email, 
Telefonanrufe) gespielt werden. Im Vortrag stellt sich Bolter der 
mitunter ironischen Frage, ob diese neuen populären Medienformen nicht 
endlich die historische Aufgabe der Avantgarde erfüllen könnten, nämlich 
die Kunst in die Lebenspraxis zu verwandeln. (vs)


Jay David Bolter: Facebook,YouTube, ARGs und die Avantgarde als Lebenspraxis
Dienstag, 19. Mai 2009, 19.30 Uhr
Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft
Schreyvogelsaal (Vortrag), Jura-Soyfer-Saal (Stream)
Hofburg, Batthyanystiege, 1010 Wien

Der Vortrag wird live ins Web übertragen:
www.ustream.tv/channel/tfmvienna

http://www.dieuniversitaet-online.at/beitraege/news/jay-david-bolter-zwischen-web-20-und-digitaler-avantgarde/10.html
http://kalender.esel.at/view.php?id=29727




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